Corona Tagebuch #19
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Eine Herausforderung, eine Lösung und drei Erkenntnisse
Heute hat mir die momentane Ausnahmesituation eine sehr ungewöhnliche Aufgabe auf dem ersten Platz meiner Prioritätenliste beschert: In einem aktuell leerstehenden Hotel soll eine Notfall-Pflegeeinrichtung entstehen. So soll einer unserer Kunden die Kapazitäten der Pflegeeinrichtung der Stadt kurzfristig erhöhen. Als IT-Dienstleistung dieses Kunden ist es unsere Aufgabe, die technischen Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass der Betrieb dort reibungslos laufen kann. Jetzt, nach genau einem halben Arbeitstag steht unser Konzept, wir konnten alle relevanten Fragen klären und mit der Umsetzung beginnen. Die Herausforderung, die auf den ersten Blick fast unmöglich zu meistern schien, haben wir gut in den Griff bekommen. Daraus habe ich drei Erkenntnisse gewonnen:
Erkenntnis 1: Die “Krisen-Meldekette” hat funktioniert.
Die Anfrage unseres Kunden ist initial an unserem Servicedesk angekommen. Normalerweise hätte sie die den gewöhnlichen Weg genommen und wäre an die entsprechenden Ansprechpartner, die für diese Einrichtung zuständig sind, weitergeleitet worden. Heute aber hat der Mitarbeiter im Servicedesk die Brisanz der Angelegenheit erkannt, den Fall als Krisenintervention gekennzeichnet und somit den Weg abgekürzt. Er hat das Telefon in die Hand genommen und sich sofort mit mir in Verbindung gesetzt – in diesem Fall nicht nur richtig, sondern erfolgsentscheidend. Nun bin ich als Geschäftsführer natürlich nicht der allwissende Entscheider, der überall helfen kann. Ich habe allerdings den Überblick über die ganze Organisation und mir in der aktuellen Lage Freiräume erhalten, um Zeit für genau solche Kriseninterventionen zu haben. Innerhalb weniger Minuten nach dem ersten Anruf konnte ich eingreifen, die richtigen Personen beim Kunden und im Unternehmen ansprechen und einen Plan entwickeln.
Erkenntnis 2: Die modulare Standardisierung reduziert die Komplexität
Auf den ersten Blick erschien mir die Herausforderung, die IT-Infrastruktur einer Pflegeeinrichtung innerhalb kurzer Zeit in einem Hotel zum Laufen zu bringen, nicht unmöglich, aber doch sehr groß. Denn es gibt unterschiedliche Fragestellungen, die es zu klären gibt. Einerseits bezüglich der Betreuung der Bewohner*innen, zum Beispiel also die Ausstattung der neuen Zimmer mit Telefonanlagen und Schwesternrufsystemen. Kurzfristige Abhilfe schaffen da zum Beispiel Funksysteme. Andererseits betrifft der Umzug in einen zusätzlichen Standort insbesondere auch die deutlich komplexere administrative Seite. Nämlich die Tatsache, dass auch dort der Zugang zu Klientendaten und Druckern gewährleistet sein muss, damit der Betrieb wie gewohnt laufen kann.
Der Schlüssel zur Lösung lag hier in der modularen Standardisierung – ein System, auf das wir sehr stolz sind. Vorstellen kann man sich das wie ein gut sortiertes Regal. Wenn an ein einer Stelle eine Problem auftritt oder eine Anpassung notwendig ist, dann kann das ohne Beeinflussung der anderen Regalebenen passieren. Konkreter: Die modulare Standardisierung für unsere Einrichtungen sieht auf unterster Ebene unseren hauseigenen Rechenzentrumsverbund vor. Dann folgt der Standort, von dem aus auf das Rechenzentrum zugegriffen werden kann, als zweite Ebene. Die Endgeräte schließlich sind die dritte Ebene, die – nun rückwärts gesehen – über den Standort Zugriff auf die Daten im Rechenzentrum haben. Dann kommt die darauf installierte Software. Dieser Aufbau ist standardisiert und reduziert die Komplexität unseres Problems “Notfall-Einrichtung” erheblich: Im Kern unseres Problems ging es ausschließlich darum, das Hotel als zusätzlichen Standort in das System zu integrieren. Wir müssen also “nur” den Baustein “Standort” so auf die besonderen Bedingungen des Hotels anpassen. Alle vor- und nachgelagerten Module können wir unangetastet lassen.
Erkenntnis 3: Standardisierung ist mühsam, aber in der Krise sehr hilfreich
Ohne die modulare Standardisierung wären wir nicht in der Lage gewesen, unserem Kunden so schnell und verlässlich eine Lösung zu präsentieren. Wieder einmal ist es so, dass die standardisierte IT-Architektur erheblich dazu beiträgt, die Herausforderungen in der Krise zu lösen. Obwohl – oder eben gerade wegen – der Vorgaben und Prozesse, die so eine IT mit sich bringen und deren im Alltag damit einhergehende “Einschränkungen” oft übertrieben anmuten. Wir haben also ein solides System als gute Grundlage. Wenn jetzt Störungen auf das System einwirken, können wir uns fokussiert mit dieser einen Stelle beschäftigen.
So wird die Komplexität reduziert wird und handliche Arbeitspakete entstehen. Das sollten wir uns auch für andere Bereiche unseres täglichen Arbeitens zum Vorbild nehmen und versuchen, die Komplexität zu reduzieren. Wo ist Handlungsbedarf? Und vor allem: Welche angrenzenden Bereiche können unberührt bleiben? Auf diese Weise können wir alle Kräfte bündeln und kommen schneller zum Ziel.