Corona Tagebuch #29
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Führen durch Fragen
Seit Beginn der Corona-Krise habe ich täglich mit unseren Kunden gesprochen. Als Vertreter der Techniklotsen, die als ausgelagerte IT-Abteilung fungieren, saß ich mit am virtuellen Besprechungstisch, wenn es um die Lösung der Herausforderungen ging, die die Träger in ihren einzelnen Einrichtungen zu lösen hatten. Ich hatte damit die Möglichkeit, mich früh einzubringen und die Gespräche um einen fachlichen, den IT- und Digital-Blickwinkel zu erweitern.
Einerseits ist die Tatsache, dass ich in dieser Situation Teil dieser Gespräche war, ein Zeichen für den Stellenwert, der der IT beigemessen wird. Das freut mich natürlich persönlich als IT-ler, der an einen positiven Beitrag der Digitalisierung zum Sozialwesen glaubt. Denn das unterstreicht ja, dass die IT kein Anhängsel mehr ist. Wir können schon früh im Prozess wertvollen Input liefern, wenn es zu bestimmten Problemen noch gar keine Lösung gibt und so dazu beitragen, dass Führungskräfte bessere Entscheidung treffen, eben gerade wenn es um akute Krisensituationen geht, die auch digitale Prozesse betreffen.
Andererseits ist die Tatsache, dass verschiedene Fachdisziplinen in die Entscheidungsfindung an oberster Stelle eingebunden wurde, ein Indiz dafür, dass die Corona-Krise eine neue Art von Führung sichtbar macht. Vielleicht macht sie sie sogar erst möglich: Nämlich Führung durch Fragen, die offen ist für die Einschätzung von Expert*innen. Das stimmt mich, neben all der persönlichen Bestätigung, besonders hoffnungsvoll für die Zukunft in einer immer komplexer werdenden Welt.
Informationen außerhalb des eigenen Tellerrandes
Sehen wir uns nochmal an, was in den letzten Wochen eigentlich passiert ist: Niemand wusste so richtig, was auf uns zukommt und was der beste Weg durch die Krise ist. Auf Sicht fahren war also angesagt und Entscheidungen konnten nur dann fallen, wenn man sich mit den jeweiligen Expert*innen beraten hatte, um Hypothesen und Szenarien zu bilden. Egal ob Politiker*innen den Einschätzungen von Virolog*innen vertrauen mussten oder wir in unserem Fall den Einrichtungsleiter*innen versichert haben, dass alle Mitarbeiter*innen sicher von zu Hause aus arbeiten können. Es ging also darum, als Führungskraft offen zuzugeben, dass man bestimmte Dinge nicht selbst weiß und damit eine breite szenarienbasierte Diskussion zuzulassen. Inzwischen hat sich gezeigt, dass dadurch niemand in der Position geschwächt wurde und auch niemandem ein Zacken aus der Krone gebrochen ist. Ganz im Gegenteil. Die Personen, die wir in den letzten Wochen als besonders führungsstark wahrgenommen haben, haben Informationen außerhalb ihres eigenen Tellerrandes wahrgenommen, sich basierend darauf eine Meinung gebildet und dann entschlossen gehandelt.
Ich hoffe, dass wir uns diese Offenheit und Diskussionskultur beibehalten. Und zwar auch dann, wenn nach der Corona-Krise wieder so etwas wie ein normaler Geschäftsbetrieb eintritt. Mit dem Ende der akuten Phase der Corona-Krise sollte auch das Ende der Führung mit Absolutionsanspruch kommen. Ich bin optimistisch, dass uns das gelingt und wir einer modernen Führungskultur wieder einen Schritt näher kommen.
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