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Patient Deutschland #17

"Am Patientenbett kommt zu wenig wissenschaftliche Erkenntnis an”, meint Dr. Lukas Martin, der mit seinem Start-up Clinomic das erste digitale Assistenzsystem für die Intensivstation auf den Markt bringt: „Mona”.
In dieser Episode von „Patient Deutschland” spricht Karsten Glied, Geschäftsführer der Techniklotsen, mit Dr. Lukas Martin darüber, wieso gerade jetzt ein System wie „Mona" notwendig ist, was die Herausforderungen in der Intensivmedizin sind und was das innovative Device eigentlich noch von Google und Amazon unterscheidet.

 

Ist Clinomic das Alexa der Intensivmedizin?

Die Corona-Krise wird häufig als digitaler Katalysator betrachtet, der viele Veränderungen schnell auf den Weg bringt. Ein Nebenprodukt der Pandemie ist, dass der Fokus derzeit auf einen medizinischen Bereich gelegt wird, der vorher nicht vorhanden war. Die Intensivmedizin ist mit ihren ausgelasteten Kapazitäten derzeit täglich in den Nachrichten. Ein Start-up, welches sich darum bemüht, die Intensivmedizin durch seine digitale Anwendung „Mona” effizienter zu gestalten und gleichzeitig die Ärzt:innen und Pfleger:innen zu entlasten, ist Clinomic. Der Mitgründer und CEO des Unternehmens ist Dr. Lukas Martin. Der 34-Jährige ist selbst Intensivmediziner und hat sich während seines Studiums auf die translationale Medizin spezialisiert. Damit ist die Schnittstelle zwischen den grundlegenden wissenschaftlichen Fragen der Medizin und der Kommerzialisierung selbiger gemeint. „Wir haben festgestellt, dass viel von der betriebenen Wissenschaft gar nicht an den Patientenbetten ankommt”, so Dr. Lukas Martin. Im Jahr 2019 gründete er Clinomic gemeinsam mit Dr. Arne Peine als Spin-off der RWTH Aachen und nutzte das perfekte Ökosystem der Universität aus Ingenieur:innen, Programmier:innen und Mediziner:innen, um jetzt “Mona” auf den Markt zu bringen. Ich habe mit Dr. Lukas Martin in der aktuellen Folge von Patient Deutschland darüber gesprochen, warum gerade dieses System die Intensivmedizin retten soll und was ihn noch von großen Corporates wie Amazon und Google unterscheidet.

 

Was ist „Mona” genau?

Wie soll „Mona”, ein einzelnes Tool, die Intensivmedizin revolutionieren? „Wir wollten die Intensivmedizin neu denken”, erklärt Dr. Lukas Martin, „mit intelligenten Lösungen, die den Alltag auf Intensivstationen deutlich vereinfachen und sie ins 21. Jahrhundert bringen.” Dafür schickt Clinomic „Mona” (Medical Onsite Assistent) ins Rennen. Es handelt sich hierbei um ein Assistenzsystem, das direkt am Intensivbett durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz die Behandlung unterstützt. „Mona” ist dabei nicht nur ein abstrakter Algorithmus, sondern ein haptisches Device, das mit modernster Technologie ausgestattet ist – von Radarsensoren über 5G-Chips bis hin zu neuesten Mikrofon-Systemen. „Mit ‘Mona’ kann man sprechen, wie mit einem Kollegen oder einer Kollegin”, sagt Dr. Lukas Martin. „Das Gerät entlastet vor allem bei der Dokumentation von Arbeitsprozessen.” Auf Intensivstationen beschäftigen sich Ärzt:innen und Pfleger:innen nämlich 50 Prozent ihrer Arbeitszeit mit administrativen Prozessen – Zeit, die dann am Patientenbett fehlt.

Den eigenen Erfahrungsschatz nutzen

Dr. Lukas Martin und sein Team haben sich bei der Konzeption dieses Medizin-Produkts sehr an ihren eigenen Erfahrungen in der Intensivmedizin orientiert. „Wir waren uns bewusst, dass die Rahmenbedingungen auf Intensivstationen bspw. durch die Hektik sehr speziell sind. Deswegen waren wir uns sicher, dass es ein vollständig neu konzipiertes Hardware-Device und nicht lediglich eine Software braucht”, sagt der 34-Jährige. Für die Dokumentation einer Blutkonserve braucht man aktuell 22 Klicks im System – effizienter ist es aber, wenn man „Mona” einfach sagen kann, dass man soeben eine Blutkonserve verabreicht hat und diese Aktion entsprechend dokumentiert werden soll. „Außerdem fallen heute jede Stunde pro Patient:in 1000 Datenpunkte an. Das kann ein Arzt alleine gar nicht überblicken. ‘Mona’ kann bei der Aufbereitung und der Überwachung der Daten helfen”, berichtet Dr. Lukas Martin. „Mon” ist damit ein wirkliches Hightech-Produkt. Ist Clinomic damit eine Art Amazon der Intensivmedizin? „’Mona’ ist ein stark spezialisiertes Produkt. Es spricht die spezifischen Nöte und Probleme von Mediziner:innen an. Daher ist es nicht auf außer-medizinische Cases anwendbar, weshalb Amazon bestimmt nicht morgen bei uns anrufen wird”, sagt Dr. Lukas Martin lachend.

 

Tipps & Tricks für Gründer:innen

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn brachte in diesem Jahr das “Krankenhaus-Zukunfts-Gesetz” auf den Weg, somit haben Krankenhäuser auch das nötige Investitionsvolumen, um sich mit „Mona” auszustatten. „Wir implementieren ‘Mona’ gerade in 20 Intensivstationen in Deutschland. Anfang nächsten Jahres, werden es europaweit bereits 30 Krankenhäuser sein”, versichert der CEO. Wer sich jetzt inspiriert fühlen sollte, selbst mit einem Start-up ein Problem in der Healthcare-Branche lösen zu wollen, für den hat der Unternehmer drei wertvolle Tipps: „Erstens: Geduld und immer Vollgas geben. Zweitens: Experten zu Rate ziehen und nicht glauben, dass man selbst alles am besten wüsste. Drittens: Mach, was Spaß macht.”

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Health&Care Management, dem Fachmagazin für Entscheider*innen und Meinungsführer*innen in Krankenhäusern, Privatkliniken, Alten- und Pflegeheimen.