Alle im HO-und dann?

Eine Anleitung für die Kommunikation in verteilten Teams, die bisher nicht digital gearbeitet haben.

Spätestens seit dieser Woche arbeiten alle, die können im Home Office. Deshalb waren bereits in der letzten Woche die Bestellzahlen für Laptops schlagartig in die Höhe gegangen. Nun steht aber fest, dass wir alle nicht nur übergangsweise, sondern vermutlich länger von zu Hause aus arbeiten werden, Lieferengpässe gibt es also vorerst nicht. Denn: Statt neue Laptops anzuschaffen, wurden ganze Arbeitsplätze tatsächlich abgebaut und – sofern die technische Infrastruktur das zulässt – in der Privatwohnung wieder aufgebaut.

Soweit, so gut. 

Doch was passiert danach? Was passiert, wenn Büros, die sich normalerweise in einem Gebäude befinden, über die ganze Stadt verteilen? Was passiert, wenn Personen, die bisher keinen oder nur sehr begrenzten Kontakt zu digitalen Tools hatten, plötzlich mit ihnen arbeiten müssen? Gerade im Healthcare-Bereich ist das kein unwahrscheinliches Szenario. Die Branche hinkt bei der Digitalisierung hinterher. Verwaltungen von Pflegeeinrichtungen sind bisher sehr spärlich mit digitalen Tools ausgestattet, die Berührungsängste sind folglich noch groß. Es ist dann wahrscheinlich, dass sich statt neuen Routinen die Unsicherheit breit macht.

Eine Ansprechperson mit Überblick.

Wie also kann man dem entgegenwirken? Entscheidend ist, dass die Unternehmensleitung frühzeitig eine Person benennt, die für IT und Kommunikation verantwortlich ist. Gestern habe ich in meinem ersten Beitrag des Covid19-Journals erklärt, warum ein Krisenstab wichtig ist –  Teil dieser Gruppe sollte auch der oder die Ansprechpartner*in für IT und Kommunikation sein. Wichtig: Das muss kein*e ITler*in sein! Entscheidend ist, dass diese Person die Anforderungen innerhalb der Pflegeeinrichtung kennt und die Möglichkeiten der Digitalisierung im Bezug darauf einschätzen kann. Ein Digitalisierungs- und Prozessblick, kein technischer IT-Blick ist wichtig. Monolithische Software-Systeme, wie man sie in Unternehmen bisher gefunden hat, sind für die kurzfristigen neuen Anforderungen auf die Schnelle nicht verfügbar. Es wird keine Lösung geben, die sofort einsetzbar ist und alle Herausforderungen auf einmal löst. Vielmehr geht es jetzt darum, aus den Einzelteilen der existierenden Tools, Apps und Anwendungen die jeweils passenden auszusuchen und zu implementieren. Was eignet sich für welchen Teilbereich der Organisation? Im privaten Gebrauch ist dieses Denken im Übrigen schon lange angekommen: Wir nutzen täglich zahlreiche Apps, die miteinander interagieren. Jetzt gilt es, diese Potenziale auch beim Aufbau einer neuen, dezentralen Kommunikations- und Arbeitsstruktur zu nutzen. 

Ein Leitfaden, der alle mitnimmt.

Die neue, digitale Kommunikationskultur darf kein Wildwuchs sein. Deshalb ist es die Aufgabe der zentralen Ansprechperson einen Leitfaden zu entwickeln, der die Rahmenbedingungen erklärt. Struktur und allgemeine Regeln Top Down vorgegeben, um Missverständnisse zu vermeiden. Damit steht sofort fest, welche Tools überhaupt und zu welchem Zweck genutzt werden. Was ersetzt den Plausch an der Kaffemaschine, wo wir normalerweise erfahren, was die Kollegin heute plant und wie es ihr geht?  Ist es sinnvoll, täglich ein Teammeeting zu machen? Und wie bildet man es digital ab?

Diese Information muss – am besten mit den entsprechenden Zugriffswegen, – im Leitfaden festgehalten und durch alle Hierachieebenen der Organisation getragen werden. Im Idealfall ist dieser Leitfaden ein lebendes Dokument, welches regelmäßig aktualisiert wird.

Zusätzlich erfüllt er noch eine weitere wichtige Funktion: Der Leitfaden muss die Bedienung aller relevanten Tools erklären oder auf entsprechende Anleitungen verweisen. Warum gibt es auf Slack Workspaces und Channels? Wie verschiebt man einzelne Aufgaben in Kanban Boards? Wie kann ich in der Videokonferenz meinen Bildschirm teilen? Diese Fragen muss nicht nur die einzelne Ansprechperson beantworten, hier ist die ganze Organisation gefragt. Tipps und Tricks helfen allen und erleichtern die Arbeit. Fragen ist also absolut erwünscht und notwendig, damit mit der Zeit ein lückenloses FAQ entsteht. Nur so können auch die Mitarbeiter*innen, die von heute auf morgen mit digitalen Arbeits- und Kommunikationswegen arbeiten müssen, in verteilten Teams weiterhin produktiv  sein.

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