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Patient Deutschland #21

Cornelia Röper ist Vorständin von vediso e.V., dem Verband für die Digitalisierung in der Sozialwirtschaft. Gleichzeitig ist sie auch Geschäftsführerin der mitunsleben GmbH, einem Zusammenschluss von gemeinnützigen Gesellschaften, der das vielbeachtete Portal mitpflegeleben.de betreibt. Wie ihr Weg sie von der Flüchtlingskrise über Bill Gates bis hin zu ihren heutigen Engagements gebracht hat und wie in ihren Augen soziale Unternehmen und Startup-Kultur zusammenpassen, darüber hat sich Karsten Glied, Geschäftsführer der Techniklotsen, mit ihr für den Podcast „Patient Deutschland" unterhalten.

Wie viel Start-up-Mentalität verträgt die Sozialwirtschaft?

Cornelia Röper ist Vorständin von vediso e.V., dem Verband für die Digitalisierung in der Sozialwirtschaft. Gleichzeitig ist sie auch Geschäftsführerin der mitunsleben GmbH, einem Zusammenschluss von gemeinnützigen Gesellschaften, der das vielbeachtete Portal mitpflegeleben.de betreibt. Damit ist sie eine der Personen, die in Deutschland die Digitalisierung in der Sozialwirtschaft, insbesondere in der Pflege, vorantreibt. Im Podcast „Patient Deutschland” habe ich mich mit ihr unterhalten.

 

Nach dem Abschluss ihres Studiums („Nachhaltiges Unternehmensmanagement“ an der Hochschule Eberswalde) ist Cornelia Röper in die Berliner Startup-Szene abgetaucht, weil sie die Geschwindigkeit und die Einstellung, auch mit wenig Ressourcen viel erreichen zu wollen, angesprochen haben. „Ich fand es faszinierend, wie man mit so wenig Ressourcen so viel erreichen kann.” Als 2015 die Flüchtlingskrise Deutschland vor viele Herausforderungen stellte, wollte Cornelia Röper helfen – gemeinsam mit einem kleinen Team hat sie deshalb wefugees gegründet und aufgebaut, einer Online-Plattform, die Informationen für Geflüchtete und Helfer:innen bereitstellt. Inzwischen ist wefugees die weltweit größte Online-Community ihrer Art, weshalb auch ein ganz besonderer Unterstützer auf sie aufmerksam wurde: “Bill Gates ist höchstpersönlich nach Berlin gekommen und hat uns dafür einen Preis überreicht. Das war wahrscheinlich mit einer der aufregendsten Momente in meinem Leben.“ Von Forbes wurde Cornelia Röper mit einer Platzierung auf der Liste „30 under 30” ausgezeichnet.

 

Aus dem Projekt wefugees heraus ist der Kontakt zur Sozialwirtschaft entstanden, denn Cornelia Röper hat im direkten Kontakt mit den Akteur:innen der Branche festgestellt, dass in diesem Bereich noch sehr viel Potenzial schlummert. Gerade in Workarounds und Herangehensweisen, die in Startups Gang und Gäbe sind, würden große Chancen für die Sozialbranche liegen, sagt sie.

 

 

Ein Schulterschluss für die Pflege

 

Mit vediso e.V., dem Verband für die Digitalisierung in der Sozialwirtschaft, im Rücken, ist Cornelia Röper Geschäftsführerin der mitunsleben GmbH, einem Zusammenschluss von gemeinnützigen Gesellschaften. Intern wie ein gewöhnliches Start-up aufgebaut, entwickelt das Unternehmen die die Plattform mitpflegeleben.de. Konkret ist das “die Online Plattform für Oma und Opa und alle, die Oma und Opa helfen wollen.” Auf der Plattform finden sich Dienstleistungen wie ambulante Pflegedienste, stationäre Einrichtungen, Möglichkeiten der Tages- und Nachtpflege. Auch Hilfsmittel, die man sonst im Sanitätshaus findet, wie Haltegriffe, Rollatoren etc. können über die Plattform gekauft werden. Mitpflegeleben.de bietet einen transparenten Vergleich der unterschiedlichen Angebote, die betreffenden Stellen können direkt kontaktiert oder Beratungstermine vereinbart werden. Ebenfalls gibt es auf der Plattform auch die erste digitale und KI-basierte Pflegeberatung. ada, deren CEO Daniel Nathrath auch schon bei Patient Deutschland zu Gast war, ist dabei ein großes Vorbild. Als Schulterschluss der vielzähligen Akteure der Sozialwirtschaft und mit der Unterstützung des Mitgesellschafters vediso e.V. kann die Plattform Produkte und Services entwickeln, die tatsächlich gebraucht werden: Beispielsweise in Workshops werden Angebots- und Nachfrageseite aufeinander abgestimmt.

 

 

„Wir bohren hier ein ganz dickes Brett”

 

Aufholbedarf gibt es noch genug, sagt Cornelia Röper. „Deutschland ist definitiv nicht so weit mit der Digitalisierung wie andere Länder, die Sozialwirtschaft ist sogar noch ein Stückchen weiter weg.” Sie plädiert deshalb dafür, Inspiration an jeder nur möglichen Stelle zu suchen und das „not invented here”-Syndrom beiseite zu schieben. Dinge und Produkte, die in anderen Ländern funktionieren, sollten wir uns in Deutschland zum Vorbild nehmen und ebenfalls adaptieren – auch wenn das dem deutschen Erfinderstolz zuweilen widerstrebt.

Cornelie Röper gibt allerdings zu, dass die Digitalisierung gerade in der Sozialwirtschaft kein leichtes Unterfangen ist. “Wir bohren hier ein ganz dickes Brett.” Bevor überhaupt an eine Plattform gedacht werden kann, müssten die Einrichtungen selbst erst plattformfähig werden. Beispielsweise hat einer ihrer Workshops ergeben, dass die Angehörigen zwar eine Online-Terminvereinbarung wünschen, die Einrichtung der Altenpflege allerdings noch mit analogen Kalendern löst. Cornelia Röper steht mit ihrem Team also vor einer Doppelaufgabe. Die Digitalisierungs-Lücke macht sie allerdings auch optimistisch, denn gerade dieser vermeintliche Rückstand hat dazu geführt, dass die großen Player wie Amazon oder Google sich in das System Sozialwirtschaft noch nicht so verbeißen konnten, wie in anderen Bereichen. Die Branche kann und muss jetzt aber schnell nachziehen, sagt sie.

 

Pivot durch Corona

 

Cornelia Röper gibt im Podcast offen zu, dass der Einfluss von Corona auf ihr Unternehmen deutlich zu spüren ist. Über die Plattform hat sie mitten in der Corona-Zeit mit dem Verkauf von Abo-Lizenzen für Pflegeeinrichtungen begonnen und musste schnell feststellen, dass bei den Einrichtungen andere Themen akuter waren. Prioritäten hatten sich verschoben und so beschloss sie, das Nebenprojekt „Pflegesterne“ zu lancieren. Aus dem akuten Bedarf in der Praxis heraus ist eine Vermittlung für Pflegekräfte entstanden, die ihren Beruf zwar nicht mehr aktiv ausüben, die in Pandemiezeiten aber aushelfen können. An diesem Pivot zeigt sich deutlich, dass Cornelia Röper die Start-up-Mentalität absolut verinnerlicht hat und beweist damit, dass auch die Sozialwirtschaft für agile Ansätze geeignet ist.

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